Artenvielfalt braucht intakte Lebensräume
Der Tag des Artenschutzes steht in diesem Jahr unter dem Motto „Partnerships for Conservations“ (Partnerschaften für den Naturschutz). Der BUND Naturschutz ist als ein starker Partner für Umwelt und Natur in 76 Kreisgruppen und über 500 Ortsgruppen vor Ort erlebbar. „Auch unsere Kreisgruppe ist aktiv und bietet Menschen die Möglichkeit, sich zu engagieren. Wir sind Anlaufstelle, Ansprechpartner und Mitwirkender verschiedenster kleinerer und größerer Projekte zum Wohle unserer Natur“, erklärt Kreisvorsitzender Konrad Pöppel.
In Deutschland stehen momentan 33 Prozent der Wirbeltiere, 34 Prozent der wirbellosen Tiere, 31 Prozent der Pflanzen und 20 Prozent der Pilze auf der Roten Liste gefährdeter Arten. Besonders die Reptilien, Amphibien, Vögel und Insekten haben mit dramatischen Bestandseinbrüchen zu kämpfen. Arten wie Brachvogel, Bachmuschel, Wechselkröte oder Frühlings-Küchenschelle stehen in Bayern vor dem Aussterben. Sogar einst allgegenwärtige Arten wie der Grasfrosch oder der Wiesen-Salbei haben dramatisch abgenommen.
„Es ist höchste Zeit, verstärkt gegenzusteuern und den Rückgang der Vielfalt an Ökosystemen, Arten und Regionalvorkommen zu stoppen“, erklärt Christine Linhard, die sich um die eigenen Grundstücke der Kreisgruppe kümmert. „Die größten Bedrohungen sind Lebensraumverluste durch eine immer intensivere Landnutzung, durch Verschmutzung und Überdüngung, sowie auch durch eine massive Intensivierung von Freizeitaktivitäten und Tourismus in Schutzgebieten. Auch der längst in Bayern angekommene Klimawandel bedroht zunehmend bestimmte heimische Arten. Dass gute Schutzmaßnahmen wie Renaturierung, naturverträgliche Landnutzung, konsequente Besucherlenkung oder Artenhilfsprojekte Wirkung zeigen können, beweist die positive Entwicklung einzelner Arten wie Storch, Wanderfalke oder Biber.“
Speziell für den Landkreis Kelheim zieht der Kreisvorsitzende eine durchwachsene Bilanz: „Es konnten primär durch Flächenankäufe einzelne Gebiete gesichert werden. Der BUND Naturschutz egagierte sich da vor allem in den Binnendünen Siegenburg und Offenstetten sowie der Sandharlander Heide.
Projekte unter Federführung des Landschaftspflegeverbandes VöF sichern neben den Gebieten an sich auch deren naturnahe Bewirtschaftung und schaffen so Rückzugsräume für gefährdete Arten. Gleichzeitig kommt es aber nach wie vor zu erheblichen Verlusten, Verschlechterungen und Zerstörungen artenreicher Lebensräume, die z.B. den Insektenbestand immer weiter ausdünnen. Zu nennen sind hier der exorbitante Flächenverbrauch im Landkreis durch Bau- und Gewerbegebiete. Auch die Wiesenbewirtschaftung wird weiter massiv mit bis zu 5-schüriger Ernte, häufiger Düngung und Einsaaten von Turbogräsern intensiviert. Dadurch werden Flächen naturschutzfachlich extrem entwertet. Dazu kommt noch, dass die Schutzgebiete in Teilen die Zentren von Freizeit und Tourismus geworden sind.“
Konrad Pöppel betont daher: „Wir brauchen deutlich mehr Artenschutz auf allen Ebenen. Der Schutz des brasilianischen Regenwaldes ist sehr wichtig, aber auch die vielfältigen Lebensräume vor unserer Haustür brauchen einen Schutz - durch freiwillige Leistungen und Durchsetzung von Ordnungsrecht. Das geht vom eigenen Haus und Garten bis in die letzten naturnahen Bereiche.“
Folgende Aussage verdeutlich, wie wir alles auf der Erde immer mehr vereinnahmen: Während um 1800 1 Mrd. Menschen auf der Erde lebten, waren es zur letzten Jahreswende 8 Mrd. Mittlerweile macht der Mensch 32 Prozent der Biomasse der Landwirbeltiere aus. Durch den hohen Anteil an tierischen Produkten in unserer Ernähung liegt der Anteil der Biomasse unserer Nutztiere inzwischen bei 65 Prozent. Wild lebende Wirbeltiere machen somit nur noch einen Anteil von 3 Prozent der Biomasse aus, während zu Beginn der Industriellen Revolution der Biomasseanteil deren Anteil noch bei 95 % lag! (https://wildbeimwild.com/wp-content/uploads/2015/08/eating-our-future_english_tcm46-28198.pdf).
Der BN fordert daher eine deutlich stärkere Beachtung des Schutzes von Arten und ihren Lebensräumen auf allen Ebenen - von der Abschaffung aller natur- und klimaschädlichen Subventionen über eine gemeinwohl-orientierte Wirtschaft, die auch Land- und Forstwirtschaft mit einschließt, sowie die großflächige Renaturierung von Flüssen, Auen und Mooren. Bei letzteren hat die Umsetzung im Landkreis gerade im Forstmoos (Aiglsbach) oder den Labertalauen (Langquaid) begonnen. Besonders Sorge macht der Kreisgruppe z.B. der massive Rückgang von Amphibienarten wie Feuersalamander, Wechselkröte oder inzwischen auch des noch vor kurzem weit verbreiteten Grasfrosches. Sie brauchen eine hohe Dichte an passenden Kleingewässern, die stark abgenommen hat. Die Natur braucht (wieder) mehr Raum. Weitere Überbauung und Zersiedelung von Landschaft durch Straßenbau, Gewerbe- und Wohngebiete, wie die geplante Ansiedlung des Amazon-Logistikzentrums in Bachl, muss ein Ende haben. Die schon besiedelten Bereiche mit massiven Leerständen und Konversionsflächen müssen zum Wohl unserer Enkelgeneration für die Erfüllung unserer Bedürfnisse ausreichen.
Hintergrund:
Der Internationale Tag des Artenschutzes steht in diesem Jahr unter dem Motto „Partnerships for Conservations“. Er hat seinen Ursprung in dem am 03.03.1973 unterzeichneten Washingtoner Artenschutzübereinkommens CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) und findet daher jährlich am 3. März statt. Durch das Abkommen sollen bedrohte wildlebende Arten (Tiere und Pflanzen) geschützt werden, die durch Handelsinteressen gefährdet werden. Rund um die Welt soll das Thema Artenschutz ins öffentliche Bewusstsein gerückt und gleichzeitig an die Unterzeichnung des Washingtoner Artenschutzübereinkommens erinnert werden. Wir befinden uns im größten Artensterben seit dem Ende der Dinosaurier: Laut aktueller Studien ist die natürliche Aussterberate weltweit durch menschlichen Einfluss mittlerweile um bis das 1000-fache erhöht. Die größten Bedrohungen sind Lebensraumverlust, Wilderei, Überfischung, Umweltverschmutzung, Klimawandel und die Einschleppung gebietsfremder Arten.
Für Rückfragen:
Konrad Pöppel
BUND Naturschutz in Bayern e.V., Kreisgruppe Kelheim
Tel. 08751-3493
E-Mail: poeppel@hallertau.net
Hintergrundinformation Bund Naturschutz:
Der BN ist mit über 265.000 Mitgliedern und Förderern der größte Natur- und Umweltschutzverband Bayerns. Er setzt sich für unsere Heimat und eine gesunde Zukunft unserer Kinder ein – bayernweit und direkt vor Ort. Und das seit über 100 Jahren. Der BN ist darüber hinaus starker Partner im deutschen und weltweiten Naturschutz. Als Landesverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) ist der BN Teil des weltweiten Umweltschutz-Netzwerkes Friends of the Earth International. Als starker und finanziell unabhängiger Verband ist der BN in der Lage, seine Umwelt- und Naturschutzpositionen in Gesellschaft und Politik umzusetzen.